Pierre Ganne
Die Prophetie der Armen

Aus dem Französischen übertragen von Hans Urs von Balthasar


1986, 139 Seiten, kartoniert
Euro 9.50; SFr. 19.-

Kriterien 76

ISBN 978 3 89411 129 8


Pierre Ganne plädiert, vom Alten wie vom Neuen Testament her, eindeutig für eine «Kiche der Armen» (gegen eine «Kiche für die Armen») und anerkennt unzweideutig die politischen Dimensionen der «Prophetie der Armen». Er sieht aber das Zueinander von Prophetie und Armut ganz aus der biblischen Perspektive: die Armen Jahwes sind untrennbar materiell und geistig (das heißt einzig auf Gott hoffen könnende) Arme, und nur so verstanden greift das Neue Testament dieses religiöse Ideal auf. Nur indem Ganne die Unterscheidung zwischen Elend (dem unbedingt abzuhelfen das christliche Liebesgebot gebietet) und Armut aufrecht erhält, aber ebenso die Unterscheidung zwischen absoluter, prophetischer und rein innerweltlicher, relativer Hoffnung trifft – und damit Karl Marx scharfsinnig kritisiert –, kann er sich einerseits mit allen wirklich christlichen Impulsen der Befreiungstheologie identifizieren und sich andrerseits klar von ihren Verwechslungen distanzieren. Manchen wird er auf Messers Schneide zu wandeln scheinen, aber seine in der Schrift verankerte Sicherheit behütet ihn vor dem Sturz. Es ist nützlich, sein Büchlein über den Heiligen Geist (Johannes Verlag, Einsiedeln 1985) im Auge zu behalten, worin jede göttliche Gabe (und Armut ist ein Geschenk) zugleich als menschliche Aufgabe bezeichnet wird.